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GOETHE / STEINER Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) arbeitete vor über 200 Jahren mehr als 30 Jahre lang an seinen Naturwissenschaftlichen Schriften und der Farbenlehre. Letztere hielt er für ein weitaus größeres Werk als all seine dichterischen Arbeiten. 1889 wurde in Weimar ein Goethe Archiv gegründet. Rudolf Steiner (1861-1925) wurde eingeladen als Mitglied einer Gruppe von Naturwissenschaftlichen Forschern an der enormen Aufgabe mitzuwirken, die hinterlassenen Werke Goethes in dem so- genannten Sophien-Goethe-Archiv zu klassifizieren. Steiner hatte schon seit 1883 mit Professor J. Kürschner an der Herausgabe von Goethes naturwissenschaftlichen Schriften. Deshalb war ihm klar, dass deren Inhalt eine Debatte anstoßen könnte, welche die festgefahrenen wissenschaftlichen Forschungs-Methoden des damaligen Zeitalters lockern würde. Er hoffte, dass dadurch eine Kultur-Erneuerung im Goetheschen Geiste entstehen würde. Leider konnte dies nicht verwirklicht werden, denn die meisten Forscher im Goethe Archiv arbeiteten wie normale Verleger: es genügte ihnen verlässliche Texte herauszufiltern, fehlerhafte Lesarten zu klären und Varianten zu klassifizieren. Steiners Intention war viel tiefgreifender, denn er wollte mit seinen Kommentaren auf Goethes Weltanschauung als ein Ganzes hinweisen. Sie waren ausführlich und enthielten viele Texte und Erklärungen polemischer Art gegen überlieferte Theorien, die veraltet und wissenschaftlich umstritten waren. Deshalb beschreibt er seine Prinzipien und Sinnzwischen der Kommentare zu Goethes Schriften im Archiv wie folgt: „Dadurch sollte sich ergeben, wie das umfassende und geistig in die Dinge Eindringende des Goetheschen Forschens und Denkens zu Einzelentdeckungen auf den besonderen Naturgebieten gekommen ist.“ Steiner wollte Goethes Erkenntnisse über den Ursprung geisteswissenschaftlicher Fakten anhand evolutionärer Strukturen, nicht nur in der Natur, sondern auch in Menschen, begreiflich machen. Er hatte erkannt, dass Goethe in seinen naturwissenschaftlichen Schriften eine Tatsache klar machen wollte, die man damals nicht, und auch heute noch nicht vollends anerkennen will: nämlich die Tatsache,  dass ein Mensch nur die Strukturen in der Natur erkennen wird, die unentwirrbar verbunden sind mit den Strukturen, aus denen sich sein eigenes Gemüt, seine Gedanken, Konzepte und seine geistigen Werte zusammensetzen. 1973 wurde das Buch „Das Wesen der Farben“ in Dornach/Schweiz von der Rudolf Steiner Nachlassverwaltung herausgebracht mit einem Vorwort von Marie Steiner zur ersten Ausgabe von 1929. Es enthält zwölf Vorträge aus Steiners Vortragswerk von 1914 bis 1924 über verschiedene Aspekte von Farben, Malerei, Licht und den Regenbogen. 1979 erschienen drei Bände der Farbenlehre im Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart. (Deren Grundlage bilden die Bände 3 und 4 der von R. Steiner eingeleiteten Naturwissenschaftlichen Schriften, die als Bände 35 und 36 der Werke Goethes im Rahmen der „Deutschen National-Litteratur“ zwischen 1883 und 1897 von Joseph Kürschner herausgegeben wurden.) Die Herausgeber, Gerhard Ott und Heinrich O. Proskauer, haben aufschlussreiche Vorworte und Einleitungen vorangestellt mit hilfreichen Schriften von Rudolf Steiner als Orientierung zu „Goethe als Denker und Forscher“ bezüglich der „rein rechnerischen-quantitativen Forschungseinstellung der modernen Wissenschaft“.  
Anhang